01.07.2023 – Etwa fünf Millionen Deutsche leiden an Arthrose. Im Knie macht sich eine Arthrose typischerweise zunächst durch Schmerzen beim Anlaufen bemerkbar, später treten diese auch unabhängig von Belastung auf. Mit der Zeit lassen sich die betroffenen Gelenke immer schlechter bewegen. Wenig bekannt ist: Obwohl viele den Gelenkverschleiß eher mit Patient*innen im fortgeschrittenen Alter in Verbindung bringen, kann eine Arthrose auch in mittleren und sogar jungen Jahren entstehen. Die unterschiedlichen Ursachen kennt unser Knie-Experte Dr. Andreas Burkart.
In welchen Fällen können jüngere Personen an einem frühzeitigen Gelenkverschleiß im Knie leiden?
Dr. Burkart: Bei jüngeren Personen entstehen Knorpelschäden in erster Linie durch Unfälle – vor allem durch Sportunfälle, aber auch durch Arbeits- und Gelegenheitsunfälle. Bei entstandenen Knorpelrissen oder Knorpeldefekten, die unbehandelt bleiben, ist für Betroffene wichtig zu wissen: Sie heilen niemals von alleine aus, sondern verschlechtern sich im Gegenteil immer weiter. Aber auch Verletzungen anderer Gelenkstrukturen können eine spätere Knorpelschädigung und die dadurch bedingte Entstehung einer Arthrose verursachen. Dazu zählen etwa Meniskusverletzungen, Seitenbandverletzungen sowie vordere und hintere Kreuzbandrisse. Dies geschieht durch eine Verminderung der Gelenkstabilität, dem Verlust von Gelenkpuffern oder von Gelenkdichtungen. Für jüngere Personen bestehen in der Regel jedoch sehr gute Behandlungschancen. Denn der den Verletzungsort umgebende Bereich oder darunterliegende Knochen sind oftmals gesund und von guter Regenerationsfähigkeit. Mein grundsätzlicher Tipp lautet aber: Eine frühzeitige Therapie dieser Verletzungen kann dem frühzeitigen Verschleiß eines Gelenkes entgegenwirken.
Welche Faktoren beeinflussen eine Arthroseentwicklung bei Patient*innen im mittleren Alter?
Dr. Burkart: Die Entwicklung eines frühzeitigen Verschleißes im mittleren Lebensalter wird in erster Linie durch ungünstige Verhaltensweisen mitbeeinflusst. Wahrscheinlicher mit der Entstehung von Arthrose rechnen muss, wer zum Beispiel seinen Körper durch übertriebene oder monotone Sportarten chronisch überbelastet, an Übergewicht oder unbehandelten Achsfehlstellungen – wie den bekannten X- oder O-Beinen – leidet. Diese sorgen für eine starke, dauerhafte Überlastung der Knieinnen- oder Außenseite. Ein weiterer begünstigender Faktor für einen frühzeitigen Verschleiß sind auch hier nicht oder nur unzureichend behandelte Unfallfolgen, zum Beispiel fehlverheilte Knochenbrüche mit einer Fehlstellung von Ober- und Unterschenkelknochen beziehungsweise Knochenbrüche im Kniegelenk.
Wann entsteht eine Kniearthrose im höheren Lebensalter?
Dr. Burkart: Im höheren Lebensalter können Knorpelschäden ganz natürlich im Rahmen des normalen Alterungsprozesses entstehen. Grund ist die kontinuierliche Abnutzung, Ausdünnung und auch Aufrauung der Knorpelmasse. Ich sehe in meiner Praxis häufig, dass Betroffene dann ihre Ansprüche an Bewegung und Sport einschränken und eher in eine Schonhaltung übergehen. Das Problem dabei ist allerdings, dass sich damit das Risiko von Folgeschäden, die durch den Bewegungsmangel entstehen, erhöht – wie zum Beispiel Übergewicht, Stoffwechselstörungen oder Herz-Kreislauferkrankungen. Weitere begünstigende Faktoren für Arthrose im Alter sind außerdem beispielsweise Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Gicht und eine unausgewogene Ernährung ohne ausreichende Zufuhr von Substanzen, die den Knorpel regenerieren.
Wie behandeln Sie eine leichte Kniearthrose und wie eine fortgeschrittene Arthrose?
Dr. Burkart: Bei leichter Arthrose kommen insbesondere knorpelregenerierende Verfahren zur Anwendung, zum Beispiel eine sogenannte Gelenksäuberung, die Microfracture-Technik, eine Knorpel-Knochen-Transplantation oder eine Knorpelzell-Züchtung. Bei fortgeschrittener Arthrose ist die Knorpelschicht nur noch halb so dick und extrem ausgefranst. Manchmal sind auch einzelne Knorpelfetzen abgehoben oder locker. Wichtig für Betroffene zu wissen: Sobald einmal ein Knorpelschaden vorliegt, schreitet der Verschleiß zunehmend schneller fort. Ist dies der Fall, rate ich, dringend zeitnah mit Therapiemaßnahmen zu beginnen. In manchen Fällen und bei einem stark erhöhten Arthrosegrad empfehle ich den Einsatz eines künstlichen Gelenkes.
Wann ist ein Knie-Teilgelenkersatz sinnvoll und wann ein kompletter Gelenkersatz?
Dr. Burkart: Wenn trotz konservativer oder gelenkerhaltender operativer Therapiemaßnahmen die Schmerzen des Betroffenen unerträglich geworden sind oder die Funktion des Gelenkes hinsichtlich Beweglichkeit und Stabilität zunehmend eingeschränkt wird, rate ich meinen Patient*innen zum Gelenkersatz. Dabei verfolge ich immer das Ziel, wieder ein schmerzfreies, stabiles und gut bewegliches Kniegelenk zu ermöglichen, wobei die natürliche Beinachse wiederhergestellt wird. Ob ein Teilgelenkersatz oder eine Totalendoprothese (Knie-TEP) eingesetzt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Voraussetzung für einen Teilgelenkersatz ist etwa ein intaktes vorderes Kreuzband und ein weitgehend intakter Knorpelüberzug der nicht betroffenen Knieteilgelenke. Außerdem dürfen keine hochgradigen Fehlstellungen und Bewegungseinschränkungen vorliegen. Muss die Möglichkeit einer Teilprothese ausgeschlossen werden, liegt ein hoher Grad an Gelenkzerstörung und Knorpelverschleiß vor – und vor allem bei hohem Leidensdruck des Betroffenen, macht eine Totalendoprothese Sinn. Grundsätzlich ist mir wichtig, immer gemeinsam mit meinen Patient*innen den optimalen Zeitpunkt für einen endoprothetischen Ersatz zu bestimmen. Betroffene brauchen sich übrigens keine unberechtigten Sorgen machen: Die in den letzten Jahrzehnten ständig verbesserten Operationstechniken und Implantate machen diesen Eingriff zu einer der häufigsten und erfolgreichsten Routineoperationen.
Zeitungsseite als PDF: KW26_Dr._Burkart_Knieendoprothetik_01.07.2023.pdf
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