Ratgeberseite: Hallux valgus – Was hilft bei einem Ballenzeh?

19.06.2021 – Der Ballenzeh ist die häufigste Zehenfehlstellung: Bei einem Hallux valgus ist der Ballen oft gerötet und entzündet, das Gelenk schmerzt bei jedem Schritt. Häufig tut der Ballen selbst auch nicht weh, sondern die Zehenballen daneben oder die sich bildenden Hammerzehen. Ein Hallux valgus kann in jedem Alter Beschwerden machen. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter aber deutlich zu. Besonders oft sind Frauen betroffen. Wir sprechen mit Dr. Imke Fröhlich über das Krankheitsbild. Sie ist Spezialistin für Orthopädische Fußchirurgie im Josephinum.

Was ist die Ursache der schmerzhaften Schiefstellung der Zehen?

Dr. Fröhlich: In der Regel liegt eine Veranlagung zur Ausbildung eines Ballenzehs vor, die oft in Familien gehäuft auftritt. Falsches Schuhwerk, eine Bindegewebsschwäche, schwache Fußmuskulatur und eine Instabilität des ersten Mittelfußgelenkes können weitere Faktoren sein. Ein Hallux valgus entsteht, wenn beim Laufen die Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke zu wenig oder falsch belastet werden. Oft sehe ich den Hallux valgus in Verbindung mit einem sogenannten Spreizfuß und mit Hammerzehen oder schmerzhaften Schwielen unter den Zehenballen. Bei einem Ballenzeh spreizt sich der erste Mittelfußknochen nach innen ab und die Großzehe wird nach außen in Richtung der vier anderen Zehen gezogen. Schmerzhafte Fehlbelastung im Großzehengrundgelenk sowie die bekannte Fehlstellung mit teils Verdrängen oder Überlagern der angrenzenden Zehen sind oft die Folge.

Welche Beschwerden treten auf? Und warum ist es keine gute Idee, in eine Schonhaltung zu gehen?

Dr. Fröhlich: Interessanterweise muss ein Hallux valgus nicht immer Beschwerden verursachen. Sogar bei einer deutlichen Fehlstellung können manche Betroffene durch angepasstes Schuhwerk Schmerzen vermeiden. Bei anderen Patienten wiederum treten Schmerzen im Bereich des Großzehengrundgelenkes auf, eine Schleimbeutelentzündung oder Hühneraugen. Und: Die dauernde Fehlbelastung führt zur vorzeitigen Abnutzung der Gelenke, also Arthrose. Dann sind Bewegungseinschränkungen mit Schmerzen bei Belastung die leidige Folge. Wichtig zu wissen: Eine Schonhaltung beim Gehen, Stehen oder Laufen verursacht noch zusätzlich eine Fehlbelastung anderer Gelenke oder der Wirbelsäule, deshalb besser vermeiden!

Wie stellen Sie die Diagnose?

Dr. Fröhlich: Ich höre hier meist sehr typische Krankheitsgeschichten. Die Untersuchung des entkleideten Fußes im Stehen, Gehen und auch in entlasteter Situation stellen den Beginn der Untersuchung dar. Es werden unter anderem Hautveränderungen, Gelenkstellungen und Beweglichkeiten überprüft. Oft sehe ich auch schmerzhafte Schwielenbildungen. Zur Beurteilung der knöchernen Situation sind spezielle Röntgenaufnahmen im Stehen nötig. Dynamische Fußdruckmessungen und auch Feinschicht CT- Untersuchungen sind oft sehr sinnvolle Ergänzungen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Dr. Fröhlich: Ob eine Behandlung des Hallux valgus notwendig ist und welche Behandlung dann infrage kommt, hängt von der Ausprägung der Beschwerden und der Fehlstellung sowie von den Veränderungen im zeitlichen Verlauf ab. Konservativ können zum Beispiel Nachtlagerungsschienen, die die Zehen während der Nacht oder in Ruhe in ihrer natürlichen Stellung halten, ebenso hilfreich sein wie eine unterstützende Versorgung mit orthopädischen Einlagen. Druckstellen müssen durch ausreichend weite Schuhe oder auch Umpolsterungen vermieden werden. Mit Fuß- und Zehengymnastik unter professioneller Anleitung lassen sich die Fußmuskeln kräftigen. Das wirkt ebenfalls einer Fehlstellung entgegen. Auch Barfußgehen stärkt die Fußmuskulatur.

Wann empfehlen Sie eine Operation und welche Operationsmethode setzen Sie ein?

Dr. Fröhlich: Ich führe eine Hallux valgus-OP durch, wenn Patienten trotz erfolgter konservativer Bemühungen weiterhin oder vermehrt unter Beschwerden leiden oder die Fehlstellungen zunehmen. Eine OP ist auch angezeigt, wenn durch die Fehlausrichtung der Gelenkverschleiß (Arthrose) zunimmt. Mit der Operation helfe ich den Patienten, wieder eine bessere, natürliche Funktion des Fußes zu erlangen. So lässt sich erreichen, dass schmerzhafte Schwielenprobleme verschwinden und die Zehen sich wieder nebeneinander ausrichten können. Außerdem verbessert sich die Stand- und Gangsicherheit, was gerade im Alter besonders wichtig ist. Es gibt hier sehr viele verschiedene Operationstechniken. Die Auswahl muss immer unter Berücksichtigung der individuellen Situation getroffen werden. Hierzu braucht es viel Erfahrung beim Operateur. Ich setze bewährte Operationsmethoden ebenso ein wie neue, minimalinvasive Techniken. Häufig verwende ich biologisch abbaubare Schrauben oder Pins. Sofort nach der Operation können Patienten mit einem flachen Verbandsschuh dann wieder laufen. Übrigens: Der richtige Zeitpunkt für eine Operation ist individuell verschieden. Das rechtzeitige Aufsuchen eines Spezialisten hilft bei der Entscheidung. Daher biete ich Betroffenen an, sich einfach in meiner Sprechstunde vorzustellen. So kann ich mir ihre Füße ansehen und dann auch gerne mit ihnen den Verlauf beobachten.

Zeitungsseite als PDF: KW24_Hallux_valgus_Dr_Fröhlich_19062021.pdf

Kontakt:

Dr. med. Imke Fröhlich
Englschalkinger Str. 12
81925 München

Tel.: 089 9 99 09 78 0
www.oza-m.de